15. November 2020

Heute morgen las ich eine sehr sehr alte Geschichte. 

Ich liebe sehr sehr alte Geschichten.

 

 

Dschuang Dsi und der König von We

Dschuang Dsi hatte geflickte Kleider an von grobem Tuch, und seine Schuhe hatte er mit Stricken zugebunden. So kam er am König von We vorbei.
Der König von We sprach: „Was seid Ihr, Herr, in solcher Not ?“
Dschuang Dsi sprach:
„Armut, nicht Not! Wenn ein Mensch in Besitz von Sinn und Leben ist und sie nicht ausbreiten kann: das ist Armut, nicht Not. Das bedeutet, das man seine Zeit nicht getroffen hat. – Habt Ihr, o König, noch nie einen Kletteraffen gesehen? Wenn er Platanen, Katalpen, Eichen und Kampferbäume hat, so klettert er in ihren Zweigen umher als König. Selbst die geschicktesten Schützen können ihn nicht erspähen. Wenn er dagegen auf niederes Dornengestrüpp angewiesen ist, so geht er ängstlich, blickt zur Seite und bewegt sich zitternd voll Furcht. Es ist nicht also, dass seine Muskeln und Knochen steif geworden und nicht mehr gelenkig sind, sondern die Umstände, in denen er weilt, sind ihm nicht angepasst. So kann er seine Geschicklichkeit nicht entfalten. Wer heute unter betörten Herren und verwirrten Ministern weilen und ohne Not sein wollte, der begehrt Unmögliches.“
Dschuang Dsi in „Das wahre Buch vom südlichen Blütenland“