21. November

 

 

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Tschüss Fenster 

Tschüss Baum 

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Reisetag

In Richtung Süden …

Im Hintergrund leichter Zweifel 

Es gäbe soviel auch im Norden Osten Westen 

Warum in den schmalen Korridor des Südens? Grenzend an Aserbaidschan. Iran. Zuvor die Türkei. 

Mmh. 

Ok ok 

Die Entscheidung war klar 

Jetzt nicht zweifeln Frau van Wagensveld 

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Auf auf in Richtung Süden 

Ganz in Ruhe 

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Mit Armen den Weg besprechen 

5x erklärt er uns den Weg zur Metro 

5x noch über den Tag wird er uns anrufen ob wir Hilfe brauchen – noch immer irritiert über unsere Art des Reisens

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Metro fahren 

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Eine einzige Linie gibt es in hier in Yerevan 

Viele Menschen 

Dicht gedrängt 

Neben mir eine junge Frau die mich sorgend festhält wenn der blechernd klingende Zug zu unvermutet ruppig fährt 

Tief dunkle zartbitter Augen 

Unsere Blicke und Worte suchen nach 

Anerkennung gegenseitiger Schönheit 

Sie macht mich mit ihrer Bewunderung verlegen …

 

Aussteigen nach zwei Stationen 

Wo lang? 

Der Duft von Zigaretten und zu viel schwerem Parfüm begleitet uns den schmalen Gang mit den vielen Menschen und all den kleinen Geschäftchen nach draußen 

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Busplatz 

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Freue mich auf langsames Busfahren 

Hinaus aus der Stadt 

Es wird aber überraschend schnell, anders als gedacht, ein alter Mercedes. Darin ein Michael Schumacher Pilot, der durch den dichten Verkehr gleitet. 

 

Tränen hinter meinen Augen und im Hals 

 

Zu schnell sind wir auf dem Land 

* Zu schnell sind wir die 35 km da bei Boris und seiner Frau Sona in einem kleinen Dorf (seit 51 Jahren sind sie ein Paar)

Zu schnell ist da die Tristesse der farblosen Anmut – in mir kommt es nicht hinterher 

 

 

Im Dorf

 

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Atmen 

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Im Zimmer landen 

1 Doppelbett 

ein Fensterbrett 

am Fenster 

sitzen 

atmen 

allein 

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Sie rettet mich 

die eine Rose … 

 

 

 

 

 

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Chor Wirap & der Ararat 

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Wegen diesem Ort bleiben wir für eine Nacht hier auf dem Weg in den Süden 

Im UND verläuft die unverrückbare und unpassierbare Grenze zwischen der Türkei und Armenien 

seit dem Völkermord 1915

Der Ararat ist das armenische Nationalsymbol – 31 km westlich gelegen in der heutigen Türkei 

Chor Wirap ist ein bedeutsames Kloster hier in Armenien. 

(“Der Legende zufolge sperrte König Trdat III. im Jahre 288 n. Chr. auf der kleinen Anhöhe inmitten der Ebene des Araxtals Gregor den Erleuchter in eine Höhle ein und hielt ihn dort 13 Jahre lang gefangen, um ihn vom christlichen Glauben abzubringen. Da die Folter Gregor nicht beugen konnte, und dieser den König von einer als unheilbar angesehenen, entstellenden Hautkrankheit heilte, ließ sich Trdat III. mit seiner Familie und dem Hof im Jahre 301 taufen und verfügte, dass die Armenier – als erstes Volk in der Geschichte – das Christentum als Staatsreligion annahmen.”)

Als wir im privaten Auto eines vorrangig russisch sprechenden Mannes auf dem Parkplatz ankommen, wird mir sofort eine Brieftaube in die Hand gedrückt. Ich solle sie fliegen lassen. Als Symbol der Freiheit und des Friedens. 

 

hab ich’s schon gesagt, einfach alles zu schnell heute 

 

Ich halte die kleine zarte Taube in meinen Händen. Spüre ihr Gefieder. Ihren Körper. Spüre ihr Atmen. Ihr so schnell schlagendes Herz. Auf den Punkt bin ich da. Wach. Gesammelt. Klar. Halte sie sicher und warm und ebenso zart wie sie sich anfühlt. Und ganz langsam wird sie still, wird ihr Herz ruhig und gleichmäßig schlagend in meinen Händen. Wir schauen uns an. Verbunden. Ich öffne die Hände. Sie bleibt sitzen. Für einen langen Augenblick ist da ein Zögern und dann, dann sie fliegt davon … 

(Um bald wieder aus neuen Händen frei gelassen zu werden.)

Danke kleine Taube … 

 

 

Staunen breitet sich aus als ich in die Mutter-Gottes-Kirche trete 

Wohnzimmergefühl 

Umhüllende Dunkelheit 

Einfachheit 

Purer Stein 

nur wenige Bilder 

Teppiche 

Stoffe 

dunkle Mauern durchtränkt von tief & innig gelebtem Glauben

Ich lehne meinen Kopf an, schließe die Augen 

 

 

 

“… und die Stille senkt sich leis in mein Gemüt …

 

 

 

Der kleine David wird getauft  

 

 

 

 

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Abendstimmung 

Der Ararat bleibt zu erahnen. 

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Zurück bei Boris und Sona 

Abendessen bei Stromausfall 

& später gemeinsam die Karte studieren für das was kommen kann Richtung Süden 

Und plötzlich die mich ereilende Freilegung eines Geheimnisses 

sofort zückt Boris sein Telefon 

  • der eine Freund ist gerade frisch operiert 
  • der andere vor zwei Wochen gestorben
  • der nächste krank an der Lunge 
  • aber der Cousin hat einen Freund und der wiederum einen Sohn … 

Und dann …

 

Jetzt gibt es nichts mehr zu sagen 

 

für heute … 

 

 

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Chor Wirap und der Ararat – aus dem Internet gefischt 

 

weiter …