Alles darf sein

 

Am 31.12.2020 zur Mittagszeit erreichten mich die rückblickenden Zeilen einer Frau, die ich seit Januar 2020 begleite. 

Ihre Zeilen habe ich vor einigen Tagen erneut gelesen und XY behutsam Raum lassend gefragt, diese Zeilen hier nun mit dem Abstand von fast 4 Monaten später vielleicht doch für andere Frauen zum Mitlesen veröffentlichen zu dürfen. 

Liebe XY, ich danke dir sehr für dein ganz frei Raum gebendes Einverständnis.

Deine Offenheit ist ein Geschenk an uns   a l l e.

 

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Liebe Kati,

jetzt am letzten Tag des Jahres, nehme ich mir endlich die Zeit, um Dir zu schreiben.
Vereinzelte Gedanken kamen mir schon früher, aber Jahresabschluss, das Weihnachtsfest und eine äußerliche Ordnung in Wohnung und Werkstatt zu bringen, habe ich den Vorrang gegeben. Mir ist es aber wichtig, dies noch in diesem Jahr zu tun, um für mich selbst auch dieses Jahr rückblickend etwas zusammen zu fassen. Und ich möchte ja auch gerne dies für Deine Website schreiben. Eben beim Schreiben habe ich aber gemerkt, dass ich dies trennen möchte: jetzt Dir noch einmal zu schreiben und etwas zu Scheiben, was ggf. dann auf Deine Seite kommt.

Bei der Überlegung, was mir dieses so angsterfüllte und gleichzeitig für mich aber auch ruhige Jahr gezeigt, geschenkt hat, dann ist das der Zugang zu einer tiefen, inneren Ruhe. Und damit eigentlich zu mir – ich kann das auch körperlich fühlen. Bzw. Es ist eigentlich für mich umgekehrt, ich fühle mich körperlich und damit mich und das verwurzelt mich und gibt mir Ruhe und Sicherheit.

Jetzt verstehe ich auch wieder die ganzen Panikattacken.

Als ich die vor 15 Jahren auch hatte – habe ich sie immer als einen Tritt vom lieben Gott in meinen Hintern gesehen, etwas für mich zu tun. Mit diesem Gedanken konnte ich mich bei meinen jetzigen Attacken diesen und letzten Jahres aber überhaupt nicht anfreunden und ich habe es nicht verstanden. 

Deine Sätze, dass alles sein darf, dass mein Herz schnell schlagen darf, wenn ich Angst habe, traurig bin, dass der Tod mir Angst machen darf, – jetzt kann und konnte ich es hören. Abgesehen von den rein chemischen Prozessen, die im Körper ablaufen und mein Körper reagiert nun mal so – habe ich wieder Zugang zu diesem Teil in mir gefunden. Es gehört zu mir, die Angst gehört zu mir, aber ich bin nicht die Angst – es ist ein Teil. 

Jetzt kann ich wieder fühlen, dass ich sie nicht los werden muss, dass sie da sein darf.

Wenn ich in den letzten Wochen gemerkt habe, dass irgendetwas in meinem Körper passiert, was mir Angst macht, habe ich mich zurück gezogen, kein Blutdruckmessgerät am Arm hängen gehabt,  mir eine Umgebung geschaffen, in der ich mich geborgen gefühlt habe, um alles annehmen zu können, was kommt. Ich sehe, was ich dann brauche, um wieder Sicherheit fühlen zu können. Aber es ist eigentlich mehr, als „nur“ Sicherheit, was ich dann gefühlt habe. Ich fühle mich mehr als „Ganzes“ als „Einheit“ , als die die ich bin. Und das ist eigentlich das, was ich gesucht habe.

Jetzt am 3. Januar ist es sieben Jahre her, dass mein Mann, von dem ich mich kurz vorher getrennt hatte, gestorben ist. Ich weiß noch wie ich zu meiner Schwester sagte, dass ich mir dadurch auf keinen Fall den Boden unter den Füßen weg ziehen lassen wollte. Und es sind nicht nur die vielen darauffolgenden anderen Todesfälle, die das getan haben. Es war auch sein Tod. Und gern hätte ich mich in Liebe von ihm verabschiedet.  

Dass Du mich in diesem Jahr begleitet hast, dass Du Dich dazu bereit erklärt hast, dass Du es aber auch so machst, dass es keine Abhängigkeiten gibt, das ich auch Dich beschenken darf, dass ich Dir zuschauen darf, dass Du in Verbindung gehst, stärkt mich und hat mir wieder meinen Weg vor Augen geführt.

So danke ich Dir – meinem Herzen ein kleines Stück näher gekommen –  herzlich für dieses Jahr mit so vielen Impulsen – und  meinen vielen Panikattacken 😉

Und ich freue mich sehr, wenn Du mich noch ein kleines Stück weiterhin begleitest.

Alles Liebe 💫

 

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