Liebe Kati,
Im Anhang ein Brief an Dich 😊 Du darfst ihn gerne auf deine Webseite stellen.
Alles Liebe, XY . 49 Jahre
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Liebe Kati,
Schon oft habe ich Dir in Gedanken geschrieben. Immer war es nicht gut genug, nicht der richtige Moment, nicht die richtigen Worte, um meiner tiefen Dankbarkeit für unsere Gemeinsame Woche den gerechten Ausdruck zu geben. So Vieles habe ich mitgenommen, hat sich bei mir verändert, ist in Bewegung geraten, durch den intensiven Austausch mit Dir. Aber meiner Natur gemäß brauchte ich offenbar erst das Gefühl, den tiefen, wahren, eigentlichen Kern zu erkennen, der das Geschenk unserer gemeinsamen Zeit ausgemacht hat.
Ja, der viel zu hohe Anspruch 😊 DEN Kern, DAS Geschenk. Muss gar nicht sein. Dürfen so viele kleine, scheinbar unwichtige Kernlein und Krümelein sein. Muss ich nicht verstehen, oder erklären können. Und doch, offenbar wollte sich der, oder ein Kern erst zeigen, bevor ich Dir nun heute endlich endlich (ein Jahr später) diese schon so lange fälligen Zeilen schreibe.
Du hast mich gelehrt zu fühlen. Hast erkannt, wann ich über Gefühle in lang trainierter Gewohnheit hinwegwischen wollte, hast meine unbewussten Taktiken gesehen, wie ich das Fühlen vermeide. Und du hast es so zart und so bestimmt getan, so völlig klar und einfach. Mich immer wieder gestoppt, mir in einer Woche so oft gezeigt, wo ich mir selbst entwische. Dass nun – DANKE! — meine alten Taktiken nicht mehr ziehen. Ich kann mir nicht mehr selbst entwischen. Und selbst wenn ich es tue, ich kann nicht mehr wegschauen. Und selbst wenn ich wegschaue, dann weiß ich, dass ich wegschaue. Und dann nagt es. Das Wissen, ich schaue weg. Und dann schau ich hin. Und ich kann es annehmen. Es sein lassen und halten, liebevoll, wie ein Kind. Was für ein Geschenk. Ein Segen.
Ich kann fühlen. Darf fühlen. Es ist sicher. Nicht lebensgefährlich. Ich verliere mich nicht im Fühlen. Nein, im Gegenteil. Ich finde mich. Da bin ich. Ich freu mich so. Mich zu sehen. Mit mir zu sein. Mir selbst mehr und mehr zu vertrauen, heißt, meinen Gefühlen mehr zu vertrauen. Sie nicht abzuwerten und kleinzumachen als schwach, ungenau, unklar, nicht effektive, unpassend, nicht klug, unnötig kompliziert, überdramatisch, zu laut, zu albern, und so vieles mehr.
So ein wertvolles Geschenk.
Und dann war da noch das Gestilltsein. Ich kenne keine vergleichbare Situation, nicht mal als Baby, wo ein Mensch von einem anderen Menschen über so lange Zeit so andauernd und exklusiv alle Aufmerksamkeit und Raum bekommt, so sein darf, alles sich zeigen darf, gesehen wird, so liebevoll, es scheint unendlich viel Zeit und Raum zu sein, mit allem gehört, gehalten und gesehen zu sein. Gestillt zu werden. In einer Fülle, die wohl kaum eine Mutter in Ihrem Alltag Ihrem Kind je geben könnte.
Auf dem Balkon, am Ende. Lesen. War ich vollkommen still. Gestillt. Danke, Kati.
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