Kochen ist Liebe

 

Als ich vor nun reichlich 6 Jahren Adriaan begegnete und nach meinem 2. Vipassana-Retreat als damals noch reine Teilnehmerin die Idee einbrachte, dass er doch mal ein Kochbuch schreiben solle, erwartete ich nicht, dass ICH reichlich 6 Jahre später hier sitzen und auch über das Kochen schreiben würde. Leben in seiner vollen Wucht war am Wirken…

Kochen konnte ich schon, aber ziemlich anders als ich es heute tue. Und damals kochte ich für mich allein oder zwei oder max. vier Menschen. In den letzten Jahren dann waren es meist 12 – 18, zuweilen 23 Menschen die 10 Tage in die Stille eintauchen. Ich koche für die Menschen, die uns Zuhause besuchen, für Frauen die sehr erschöpft sind und natürlich koche ich oft für uns beide – Adriaan und mich. Und immer wieder entdecke ich, entdecken Adriaan und ich gemeinsam neue Dinge, probieren aus.

Ein  Mensch hat meinen Weg hinein in das Kochen besonders geprägt.

Alon MorBei meinem 2. Vipassana Retreat mit Adriaan zum Jahreswechsel 2011/12 war Alon aus Israel der Zauberer in der Küche. Er ist derjenige, der in mir den Wunsch weckte, mit so viel Liebe und Sorgfalt zu kochen, wie er es damals tat. Seine Weise zu kochen, berührte mich zutiefst und ich fühlte mich von Herzen umsorgt und reich beschenkt.

Ich hatte gerade lange Wochen mit der Pflege meiner schwer erkrankten Großmutter hinter mir. Sie lag wieder im Krankenhaus. So wenig nur noch mit dem Faden des Lebens hier verbunden, dass ich mein Retreat absagen wollte. Als ich ihr meine Entscheidung mitteilte,  konnte ich wieder einmal fühlen was aufrichtige Liebe ist: obwohl sie mich brauchte und ihr jeder meiner Besuche trotz aller Schmerzen ein Strahlen ins Gesicht malte und sie ruhig werden ließ, schickte sie mich weg, hin zu diesem Retreat auf das ich mich schon seit zwei Monaten freute. Sie wollte nicht, dass ich zum Jahreswechsel um ihretwillen in der Stadt blieb. Sie sah, dass ich Zeit für mich brauchte und wusste, dass ich im Retreat wieder Kraft schöpfen würde.

Und so ging ich am 26.12.2011 auf meine Reise, mit fünf vorgeschriebenen Briefen im Gepäck. Sicher würde jemand in das Örtchen zum Einkaufen gehen und könnte die Post zum Krankenhaus absenden.

Die ersten Tage des Retreats wurde ich krank. Alles Wollen fiel von mir ab und ich wusste, dass ich am richtigen Ort war um krank zu sein. Ich bekam auch meine Frauenzeit, die die Reise in meine Stille besonders gut unterstützte. Ich lag den ganzen Tag in regenerativen Haltungen auf meinem Yogabolster, verlor keinen einzigen Atemzug aus meinem Bewusstsein und jedes Mal wenn Adriaans Stimme zu mir drang: „Du hast eine Stunde für persönliche Bedürfnisse: essen, trinken, ruhen, ein paar Runden um das Haus vielleicht, Handlungen im Bad.“, perlte die Dankbarkeit für alles und besonders für das Bekochtwerden in mir auf.

Für mich wurde gesorgt.

Alon zauberte unsere Mahlzeiten mit einer solchen Hingabe und einer solchen Feinheit im Geschmack, das mir immer wieder die Tränen in die Augen rollten. Gewohnt, schon seit jungen Jahren vollständig für mich allein zu sorgen, rührte mich dieses Umsorgtwerden zutiefst und hinterließ einen intensiven Eindruck in mir.

Als wir dann 2013 Jahren für ein anstehendes Retreat ohne Koch waren und ich mutig und kurz entschlossen die Verantwortung für die Mahlzeiten übernahm, leitete mich dieses Gefühl von damals: Für die Menschen die zu uns kommen zu sorgen. Damals wusste ich noch nicht, dass ich die folgenden drei Jahre meine ganz eigenen KüchenVipassanaRetreats haben würde, sehr viel lernen, mich mit heftigen Gefühlen und Gedanken herumschlagen und ich auch davon immer wieder sehr erschöpft sein würde. Und das ich meinen MeditationsWeg in der Küche finden würde – wo ich doch eigentlich meditierend im Zendo sitzen wollte. Aber das ist eine andere Geschichte …

Und heute nun, an diesem für mich ganz stillen spätsommerlichen Herbsttag sprudelten plötzlich beim Abwaschen bisher ungedachte Worte in mir auf. Schon lange werde ich nach den Retreats immer wieder gebeten, zu schreiben. Ich reagiere dann zumeist etwas verlegen und da ich zum tiefstapeln neige, finden leicht abwehrende Sätze ihren Weg aus meinem Geist auf meine Lippen. Doch zugleich ging ich seit Monaten schwanger damit.

Und so wird wohl doch endlich etwas entstehen … Ja, es wird kommen, zur genau richtigen Zeit