08:00
Jetzt.
Es gibt heilig-heilsame Fragen.
Und es gibt leidvoll samende Fragen.
Fragen.
Nein.
Fragen habe ich keine hier.
Alles ist fraglos klar.
Ich genieße es mitzugehen.
Geschehen zu lassen.
In diesem Geschehen lassen existieren keine Wochentage, kein Datum. Keine Spanne von Zeit.
Es existiert keine Vergangenheit und es existiert keine Zukunft.
Mein Gehirn hat gerade keine Spur für das was gestern war. Für das was kommen soll und dann sowieso anders kommt.
Tausend unsichtbare Blüten, tausend Tränen der Erinnerung lösen sich auf im Atem.
Jetzt.
Der Bus hupt singend.
Die Türen schlagen.
Stimmen rufen.
Die Musik geht an.
Langsam rollen wir los.
Stop.
Wir stehen.
Der Motor geht wieder aus.
Der Bus wackelt.
Füße springen die Treppe hoch und wieder runter.
Die Musik verstummt.
Wir stehen.
jetzt
Ein Lied …
Guten Morgen meine kleine Große
*
17:00
Fünf Stunden Busfahrt. Das lange, lange Tal hinunter von Tatopani, wo wir gestern rosarot im Regen laufend im gefühlten Dschungel ankamen.
5 Stunden Musik.
5 Stunden nichts tun.
3 Stunden schlafen.
Ich werde wach weil meine Nase sich ungewöhnlich trocken anfühlt. Und geschwollen.
Ich spüre das Schuckeln des Bus, hör die laute Musik, die Stimmen um mich herum und fühle mein Körperchen, das nicht atmen will.
Ja.
Nicht tief atmen will.
Flach ist er, der Atem.
Ich taste spürend nach ihm, tatsächlich, er traut sich nicht, tief einzuatmen.
Denn:
Schwere, ungewohnte Wärme und viel, viel Staub liegen in der Luft.
Die Nase wehrt sich.
Nur ganz langsam verstehe ich:
Das Körperchen atmet flach, um sich zu schützen. Denn wir haben die reine Klarheit der hohen Berge, die Weite des Mustangtal längst hinter uns gelassen.
Als dies in mir ankommt,
als wirklich in mir ankommt, dass die Zeit in der still und tief friedlich atmenden Schönheit der Berge nun hinter uns liegt und wir zurückkehren in den warmen Frühling und den Staub, den nun wieder überall auftauchenden Plastikmüll Nepals und die alles durchflirrende Geschäftigkeit, durchläuft mich eine enorme Welle von Traurigkeit.
Und dann wird,
inmitten dieser Welle, ein innig schmerzendes Gefühl geboren.
*
S e h n s u c h t
*
Ich will zurück.
Jetzt.
In die raue Kargheit.
In die umfasste Weite mit ganz viel Raum
Zu den Menschen.
Zu den Steinen.
Zu den Bergen.
Ich will zurück in die dünne kalte Luft.
Den Wind.
Tränen steigen in meine Augen.
Und ich atme …
atme …
atme …
*
19:00
Ihr lieben Alle, Teil 3 vom Königsgaukler muss warten. Es gewittert, es regnet und es gibt kein wlan.Morgen geht es weiter.Ganz bestimmt.
*