Alles hat sein Gutes

 

 

Vor einigen Tagen erreichte mich die Nachricht einer Freundin, die tröstend-motivierend einschätzte, dass es gut für mich gewesen sei, eine bestimmte Erfahrung gemacht zu haben und das alles eben auch seine positive Seite habe.

 

Als ich es hörte, war da intellektuell Zustimmung.

Ich teile die Auffassung, dass alles was geschieht, sein Gutes hat. Auch wenn sich das Gute manchmal erst Jahre später zeigt.

Doch anders als mein Intellekt, reagierte mein Körper auf ihren Satz mit Enge.  

Die Muskeln spannten sich spürbar an.

In den Körperempfindungen war Druck und ein klares Nein zu fühlen.

Ja, in mir war ein angespanntes Zusammenziehen.

 

Mich irritierte meine doppeldeutige innere Reaktion und ich wusste, dass ich da noch einmal genauer hineinschauen würde. Im Kontext der Einsichts-/Achtsamkeits-Meditation wird dieses Hinschauen auch Wirklichkeitsergründung oder tief schauen genannt. Die Wurzel sehen. 

 

Ich nahm mir also die Zeit, ihre Worte erneut zu hören und dann tief spürend die inneren Bewegungen und ihre Wurzeln in mir genaustens zu beobachten. Ich kam zu folgender Einsicht:

 

Im Moment gibt es in mir durch diese besondere, schneidende Erfahrung eine Verwundung.

Diese Wunde ist am Heilen und Heilung braucht Zeit.

Erst wenn die Wunde vollständig geheilt ist, werde ich freien Herzens sein. Dann werde ich in der Lage sein, rundum bejahend zu sagen: Es war eine Erfahrung, die mir letztlich sehr viel geschenkt hat.

Doch jetzt, wo es langsam heilt, ist es noch zu früh, rundum zu bejahen. Dieses Bejahen wäre momentan noch vorrangig ein intellektueller Willensakt der das, was auch da ist, übergeht.

 

Und so erkenne ich, dass es verfrüht sein kann, meine Erfahrung (oder im weiteren Sinne die Erfahrung eines anderen Menschen) tröstend-motivierend als positiv einzuordnen.

 

Erst einmal geht es darum, der erlittenen Wunde ihren Raum zu lassen und ihr Zeit zu schenken.

Erst einmal geht es darum, mit sich selbst behutsam zu sein.

Erst einmal geht es darum, zu heilen.

In der ganz  e i g e n e n  Zeit.

 

Ja.

Jede Wunde die wir in uns tragen braucht ihre ganz  e i g e n e,

still-behütete Heilungszeit.

 

Mit dem Heilen kommt die Zustimmung als einer rundum angenommenen  u n d  integrierten Erfahrung. Eine tiefe, einstimmende Akzeptanz. 

 

Und dann …

 

 

 

… dann hat alles auch sein Gutes. 

o d e r

… dann kann alles auch sein Gutes haben.