„Glück hat, wer den Zufall beeinflussen kann. Wer sein Zuhause nicht verlässt, weil er muss, sondern weil er will.“

 

Schon seit einigen Jahren denke und spüre ich über Heimat nach. Fühle und suche mich in diesem Wort.

Heimat.

Meine Großmutter mütterlicherseits war eine Kriegsflüchtende aus Schlesien. Nah bei Breslau. Auf der Flucht mit allem was man sich dazu so vorstellen kann und nicht vorstellen möchte.

Mein Großvater väterlicherseits war ein Heimatvertriebener. Wegen neuer Grenzsetzung zwischen Polen und Deutschland.

Beide lebten in ihrer Sehnsucht. Beide lebten mit ihrem Schmerz.

Bis in uns Enkelkinder hinein.

 

***

 

Ein besonderer Moment war für mich vor vielen Jahren irgendwann das Ausfüllen eines Formulars.

 

In welchem Land sind sie geboren?

 

 

Mein Herz zog sich zusammen.

Mein Gehirn spreizte sich auf.

Schachtelige Gewissheit zerrann.

 

Wo bin ich geboren?

 

Ich rang um Fassung da plötzlich etwas fühlbar wurde, das bis dato keine Rolle spielte und nun laut auf die Bühne trat.

Ich sass bestimmt eine Stunde vor dem Formular.

Dann endlich schrieb ich:

DDR.

Mein Geburtsland gibt es nicht mehr.

 

***

Dazwischen sein

***

 

Ich lese gerne kurze literarische Texte. Essays. Oder verdichtete Sätze, die lebensbestimmend werden können.

Gehe damit über Tage, Wochen, Monate.

Manchmal sogar Jahre.

 

 

Nun wurde vor einigen Tagen ein Preis vergeben.

Ein Förderpreis zum Thema Flucht, Exil und Heimatlosigkeit.

„Schiffe vor Anker, Autos auf Parkplätzen, aber ich bin diejenige, die kein Zuhause hat.“ Wie lassen sich Flucht, Exil und Heimatlosigkeit in Worte fassen? Diese Frage richtete die WORTMELDUNGEN-Literaturpreisträgerin Volha Hapeyeva an Nachwuchsautor:innen. Deren literarischen Antworten „beeindrucken durch einen oftmals persönlichen und direkten Blick auf das Fortgehen, Ankommen oder auch Fremdbleiben, und zeugen zugleich von einer starken solidarischen Haltung.“, so die Jury   www.wortmeldungen.org/foerderpreis/preistraegerinnen

 

Und weil ich ebenso beeindruckt bin, möchte ich zwei der Texte hier mit dir teilen. Vielleicht lässt du dich ebenso berühren wie ich …

Wenn wir diese Texte wirklich fühlend lesen, als ganzer Mensch lesen, einfühlend lesen, können wir nicht anders als tief verstehen …

 

Zhitia Jone:_Nadryw – Sprache_fühlen

Nekraso Irina:_Marijam

 

 

 

 

 

Was habe ich nur für ein Glück …